Wohnen im Stall?

Essay

 

Heute stehen im Ortskern von Laas viele Wohn- und Wirtschaftsgebäude leer oder sind untergenutzt. An die 30.000 m3 sind es insgesamt. In einigen Gemeinden im Oberen Vinschgau ist der Leerstand sogar noch größer. Dafür wachsen die Orte ins Grünland hinaus und füllen den Talboden mit neuen Zonen für Wohnen und Gewerbe. Die Ausdünnung der historischen Zentren ist ein zweifaches Problem: Mit dem Verlust des Zentrums schreitet auch die Zersiedelung voran.

Atelier und Garage sind Nutzungen, die zwanglos mit dem Bestand korrespondieren, schwieriger ist hingegen die Nutzung der großen Speicherbauten als Wohnraum.
Zwischen der dominanten Typologie des Großraums und der kleinteiligen Wohnsituation gibt es auf den ersten Blick kaum Synergien. Was für unsere Vorfahren ein rein praktisches Problem gewesen wäre, wird heute auch zu einer Frage der Haltung: Der Stadel soll seine Aura behalten, sein Charakter soll nicht gebrochen werden. Die reine Fassadenerhaltung wird als vordergründige Kosmetik und Fälschung kritisiert.
 

Wohnen im Stall?, Essay
Beitrag zu den Kulturberichten aus Tirol und Südtirol, 2010

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